Liebe Anna-Lena …. Ein Brief an unsere Kanzlerkandidatin

Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich es sehr gegrüßt habe, dass meine grünen Freunde sich entschieden hatten, Anna-Lena zur Kanzlerkandidatin zu küren. Dass das jetzt nicht ganz so rund läuft, gefällt mir nicht, daher habe ich ihr einen Brief geschickt, den ich euch auch hier zukommen lasse:

Liebe Anna-Lena,

zuerst einmal ein ganz großes Lob: Robert und du habt in den letzten Jahren großartig gearbeitet; ihr habt mit eurer Arbeit die Herzen der Menschen so geöffnet, dass man euch und auch uns Grünen zuhört, ohne sich gleich abzuwenden und zu sagen: „Ach, die Grünen“. Ich habe dich dabei immer als Frau erlebt, die erfrischend frech und immer kompetent aufgetreten ist – immer etwas cooler als die anderen.

Doch das hat sich leider verändert und ich weiß nicht, warum. Du wirkst inzwischen etwas verkrampfter und kontrollierter. Du wirkst vorsichtiger und scheinst dich um eine staatsmännische Aura zu bemühen. Du gehst auf die Fragen in Interviews nicht ein und kommst immer wieder mit den gleichen Bausteinen daher, mit denen du deine Inhalte darstellst. Da ist etwas ganz Wichtiges verloren gegangen: Authentizität. Und das merken die Menschen und das ist gerade dein wunder Punkt. Laschet und Scholz mögen langweilig und grau wirken bis zum Abwinken, aber sie punkten gerade damit, dass sie authentischer und freier wirken. Sie sind langweilig und grau, aber sie wirken sicher und mit sich im Reinen. Und wenn sie im Interview nicht auf die Fragen eingehen, ist das etwas anderes, weil sie das vielleicht schon immer so gemacht oder die Frage nicht verstanden haben.

Ich weiß nicht, wer dich berät und wer dir geraten hat, die Rolle zu wechseln. Wahrscheinlich war das deine eigene Idee, zumal ich dir eine gewisse Sturheit unterstelle. Aber ich sage euch: Das war keine gute Idee und ihr solltet zurückrudern. Anna, das was wir und deine vielen möglichen Wähler an dir schätzen, ist deine Frechheit und deine Spontanität, die du dir leisten kannst, weil du inhaltlich fit bist. Das ist dein Markenzeichen. Wenn du wieder die Herzen gewinnen willst, musst du aufhören, diese neue Staatsfrauenrolle zu spielen, die dir niemand abnimmt.

Noch ein paar Zeilen zu deiner Lebenslaufgeschichte: Egal, wer das verbockt hat (Achtung, Sprachwitz, den du wahrscheinlich schon nicht mehr hören kannst), es war Stümperei. Aber noch stümperhafter war eure Reaktion darauf: Abducken und warten, dass das Gewitter vorbeizieht. Das ist doch nicht die Anna-Lena Baerbock, die wir kennen!  Nein! Unsere Anna-Lena wäre in die Offensive gegangen mit einem Interview nach dem anderen und hätte der Welt erklärt, was sie von diesem Rumgestochere hält: Sie findet das geil, weil das eine Bestätigung ihrer Arbeit ist. Denn wenn man bei den Inhalten keine Angriffspunkte findet, muss man über die Dörfer gehen und nach Persönlichem und Formalem suchen. Die Inhalte scheinen also zu stimmen. Welch Kompliment! Und darauf hinzuweisen, dass bei den anderen auch nicht alles Gold ist, was glänzt, würde unsere Anna lautstark verzichten, weil sie eben Stil und Klasse hat.

Schaut euch bitte das Scheitern von Martin Schulz an! Was war sein größter Fehler? Er hat sich, als der Gegenwind kam, zurückgezogen und gewartet. Damit konnten sich Gegner und Presse positionieren, weil sie alle Zeit der Welt hatten. Wir kennen das Ende. Bitte macht diesen Fehler nicht! Ihr müsst wieder offensiver werden und die Meute beschäftigen. Wäre ich an deiner Stelle, würde ich mir einen aggressiven Schoßhund zulegen, der offensiv und etwas überzogen den politischen Gegner und die Presse beschäftigt. Es muss ja nicht gleich Boris sein. Meine Rolle wäre es dann, ihn öffentlich zurechtzuweisen und in diesem Zusammenhang meine Inhalte zu verkaufen. Aber das wäre ich und ich ticke anders. In meinem Fall wäre das authentisch und alle würden sich freuen.

Das waren ein paar Gedanken eines grauen weisen Stadtrats der Grünen aus der tiefen Oberpfalz.

Mach es gut, Anna-Lena. Du kannst es und hör mit dem Rollenspiel auf! Sei, wie du bist! Das ist dein Markenkern!

Christian

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